Die Gründung der Universität Tübingen

Die Neckarflößerei war ein bedeutsamer Faktor bei der Gründung der Universität Tübingen.

Graf Eberhard V. firmiert zwar als Gründer der Universität, doch seine Mutter, Mechthild von der Pfalz (1419-1482), spielte dabei eine wichtige Rolle. War sie doch schon bei der Gründung der Universität Freiburg 1457 durch ihren Gatten Erzherzog Albrecht VI. von Österreich maßgebend beteiligt.
Mit ihrer Hilfe wurde das Stift Sindelfingen nach Tübingen verlegt, welches die wirtschaftliche Grundlage für die zu gründende Hochschule bildete.

Mechthild von der Pfalz

Mechthild von der Pfalz
Epitaph in der Tübinger Stiftskirche
Bild: Joachim Mohr

Als sie sich in zweiter Ehe 1452 mit Erzherzog Albrecht VI. von Österreich vermählte, wurden ihr die Herrschaft Hohenberg und Besitzungen am oberen Neckar als Wittum und Morgengabe verschrieben. In Rottenburg am Neckar bezog sie unweit von Tübingen ihre "fürstliche Residenz".
Für den Bau einer Universität brauchte ihr Sohn Eberhard dringend schnell und viel Holz.
Allein für das Gebälk und die Dachkonstruktion der Alten Burse - einen zwei- beziehungsweise vierstöckigen Bau mit viergeschossigem Dachwerk, der sich bei 13 Metern Breite auf eine Länge von über 52 Meter erstreckt - waren mindestens 460 Stämme bzw. Stammteile von etwa 15 m Länge erforderlich. (Marstaller)
Eberhard im Bart

Herzog Eberhard im Bart (Bildquelle)

Tübingen war als Ort für eine Universität geradezu prädestiniert. Denn seine Lage am Neckar machte das schnelle und kostengünstige Heranschaffen von Bauholz, vor allem Tannen aus dem Schwarzwald, durch Flöße möglich. Außerdem boten die waldreichen Gebiete am oberen Neckar - im Gegensatz zum ausgebeuteten Schönbuch - einen ausreichenden Holzvorrat.

Mechthild von der Pfalz setzte sich als Vertreterin der Herrschaft Hohenberg mit ihrem Sohn Eberhard dem Älteren und dessen Mitregenten Eberhard dem Jüngeren und der Stadt Eßlingen 1476 an den Vertragstisch und erneuerte den Vertrag von 1458.
Dadurch bewirkte sie, dass die Flößerei auf dem Neckar neuen Antrieb bekam und dass das für den Bau der Universität so dringend benötigte Baumaterial aus dem Schwarzwald auf Flößen herangeschafft werden konnte.

Dass die Alte Burse und andere Gründungsgebäude der Universität sehr nahe am Neckar liegen, ist wahrscheinlich auch durch den Holztransport per Floß begründet.
Die Universität wurde in der kurzen Zeit von 3 Jahren gebaut und bereits 1477 begann der Vorlesungsbetrieb.

Burse Alte Aula

Neckarfront mit Burse (links) und Alter Aula (rechts oben)

Der Bauhistoriker Tilman Marstaller hat außerdem nachgewiesen, dass das Dachwerk über dem Langhaus der Tübinger Stiftskirche auch auf Flößen herantransportiert wurde. An zahlreichen Balken sind noch "Wiedlöcher", auch "Floßaugen" genannt, zu erkennen, durch welche die Stämme mit Wieden zu einem Floß "zusammengeschnürt" worden waren.

Auch an etlichen Fachwerkgebäuden der Tübinger Altstadt aus späterer Zeit kann man deutlich Wiedlöcher ausmachen. Dies belegt anschaulich die Bedeutung der Neckarflößerei auch für den Hausbau in Tübingen.