10. Dekan Johann Cappel (1602(03?) - 1662)?

Grabmal Dekan Cappel

Die Umschrift lautet, oben beginnend,
im Uhrzeigersinn

Wie der Hirsch schreytt
nach frischem Wasser so
nach dem lebendigen
Gott wen werde schaven




Es handelt sich um Psalm 42, 2-3, wohl verkürzt:

Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser,
so schreit meine Seele nach dem lebendigen Gott.
Wann werde ich sein Angesicht schauen?

Nicht mit letzter Sicherheit ist dieses Grabmal dem großen Sulzer Dekan des Dreißigjährigen Krieges, Johann Cappel, zuzuordnen. Eine Aufnahme von 1977 zeigt noch weit mehr als eine Aufnahme von heute. Es sind da noch vier Embleme erkennbar, während das linke heute schon zerstört ist.

Dekan Klemm hat wenigstens die Inschrift noch lesen können. Er schreibt zu dem Grabmal:
Eine Kirche, das Bild eines Geistlichen im Ornat, mit Psalmstellen und dem Wahlspruch: Vae mihi nisi evangelizavero (Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte, 1 Cor. 9,16); nach der schlecht gereimten und nicht mehr ganz lesbaren Inschrift gewidmet dem M. Johann Cappel, der 27 Jahre (1635 - 62) Superintendent der Kirche zu Sulz (= Dekan) und zugleich 11 Jahre (1651 - 62) Prälat für das Kloster Alpirsbach war und 1662 starb.(1623 magistrierte er in Tübingen, war aus Kempten gebürtig.)

Das ist viel mehr, als wir heute feststellen können. Auf die Embleme geht Klemm allerdings nicht weiter ein.
Die "Helmzier" des oberen Emblems trägt eine Krone. Diese ist Fundament eines Kreuzes mit INRI-Balken, an dem die eherne Schlange des Moses hängt. Darunter liegen, in der Form eines Kreuzes angeordnet, vier Embleme, die man als Darstellung der Dreifaltigkeit Gottes und der Kirche deuten kann.

Das obere, ein Weinstock mit Reben, symbolisiert Jesus. "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben".
Das untere, eine Taube mit Ölzweig, stellt den Heiligen Geist dar, der den Frieden bringt.
Den einst noch erkennbaren aufgerichteten, gekrönten Löwen kann man als Symbol für Gottvater ansehen.
Denn nach dem "Physiologus", einem weit verbreiteten frühchristlichen Kompendium der Tiersymbolik,
gebiert die Löwin ein totes Junges. Am dritten Tag kommt der Vater und bläst ihm ins Gesicht und erweckt es zum Leben. So hat auch der allmächtige Vater den erstgeborenen Sohn am dritten Tag wieder auferweckt.

Die Kirche gegenüber, ein stattlicher Bau mit Rundturm, verweist auf die Kirche (ecclesia) als Institution.
(Um sie als Symbol für den Namen "Cappel", der auf Cappella zurückgeht, zu deuten, erscheint sie doch etwas zu stattlich.)

Wenn man die Bilder ober- und unterhalb des Helms aufeinander beziehen will, könnte man das Kreuz mit Schlange als Symbol des Alten Testaments ansehen. Während das Neue Testament durch den Weinstock=Jesus vertreten wird. Das Kreuz wäre dann das Bindeglied.
Unter der bildhaften Darstellung des christlichen Glaubens hatte der "Geistliche im Ornat", heute nur noch schemenhaft zu erahnen, seinen Platz.
Wo die von Klemm erwähnte lateinische Inschrift war, ist nicht mehr feststellbar, sie dürfte im untersten Feld gestanden haben.

Dekan Hartmann hat Weiteres zu Johann Cappel ermittelt:
Er war zweimal verheiratet und hatte 9 Kinder. Er und seine Ehefrauen waren beliebte Paten - oft mehr als zehnmal im Jahr.
1629 war er Pfarrer in Fürnsal, dann in Dornstetten.
Als Dekan in Sulz versuchte er vergeblich, den habgierigen Stadtschreiber Springer von seinen Hexenprozessen abzubringen, die zu 6 Verbrennungen führten.
Gleich nach seinem Amtsantritt in Sulz erlebte er die Pest von 1635/36 mit mehr als 555 Toten.