11. Spitalmeister Johann Georg Geist (1665 - 1737)

Grabmal Spitalmeister Geist

[Hier] Liegen Be[graben]
WEILAND HERR IOHANN
GEORG GAEIST VIELIAEHRIG
[GE]WESTER GERICHTS VER-
[WANDT]ER UND SPITHALMAEISTER
[ALLHI]ER. WELCHER GEBOHREN
[den 2]3ten APRILEN 1665
[GE]st. den 19Tten sept.1737
[dess]n im herrn seellig Entschlaffen
{3] ehe frauen seind ge[wes]en
[ANNA ELISABETHA ROTHIN
ANNA CATHARINA VISCHERIN]
AGNES MARIA OSIANDERIN
LEUCHTEX PS 103 VER[S 1.2]
LOBE DEN HERRN MEINE SEELE
UND WAS IN MIR IST SEIN HEILIGER
NAHMEN. LOBE DEN HERRN MEINE
SEELE UND VERGIS NICHT WAS
ER DER GUTES [GETAN] HAT

Rekonstruierte Umschrift
VON NUN AN. DER GEIST SPRICHT OFENBARUNG XIV [ ]
SELIG SIND DIE TOTEN DIE IM HERRN STERBEN
Der Großvater Geist war noch Bauer und Maurer, wurde aber 1642 "Senator" (Stadtrat). Seine zweite Ehe mit einer Anna muss eine Katastrophe gewesen sein: drei taubstumme Kinder und ein geistig behindertes Kind. Überdies war der taubstumme Sohn Matthäus bösartig. Wegen zweier Inzestkinder mit zwei seiner Schwestern schaffte man ihn schließlich auf den Hohenneuffen.
Johann Georg war also der Neffe des "bösen Matthäus". Er war zunächst Schuster (der elegante Reiterstiefel im Wappen!), arbeitete sich dann aber zu den auf dem Grabmal angegebenen Ämtern hoch und heiratete drei recht angesehene Frauen, zuletzt die Tochter des Dekans Lukas Osiander, Agnes Maria. Als Spitalmeister war er der Verwalter des in der Vorstadt gelegenen Spitals.
Laut Oberamtsbeschreibung stifteten 1732 Geist und seine Ehefrau, die Teile des Osianderschen Familienvermögens geerbt hatte,
der Armuth zum Besten 1050 Gulden neben 115 Scheffel Dinkel und 160 Scheffel Haber. Die Tochter derselben, Magdalena Barbara, unter dem Volk als das Gaisten Madele noch wohl bekannt, stiftete im Jahr 1742 zur Anschaffung einer Orgel und Ausbesserung der Kirche 2000 Gulden.

Auffällig an diesem Grabmal ist vor allem die Schrift: Der Text beginnt mit kleinen Buchstaben in Fraktur und verzierten Initialen, worauf Großbuchstaben in einer Art Antiqua folgen. Dann kommt ein plötzlicher Wechsel zu kleinen Buchstaben in Fraktur (wie am Anfang) mit unterschiedlicher Schrifthöhe und wieder zurück zu Großbuchstaben; jetzt aber mit dichteren Abständen zwischen den einzelnen Buchstaben. Bei einem Schriftstück würde man verschiedene Schreiber vermuten.

Wie beim Grabmal Nr. 3 tragen gekreuzte Lorbeerzweige mit Beeren die Wappen. Das Akanthus-Blatt, mit dem die beiden Wappen solide verkeilt sind, weist wie die Schrift auf einen einfacheren Handwerker als Gestalter dieses Grabmals hin.

Vermutlich unterscheidet der Verfasser des Texts als rechter Schwabe den [ai] Laut bei Gaeist und Maeister vom [ei] Laut. (Vgl. auch "Maey" auf Grabmal Nr. 1.) Angemerkt sei, dass die Wissenschaft 14 Möglichkeiten der Darstellung des [ei] anführt. Auch Leuchtex hat vielleicht den gleichen Hintergrund und ist die schwäbisch-vornehme Aussprache von "Leichtext". Ob bei dem Bibelzitat ein schlichter Schreibfehler vorliegt, oder ob bei "der" an eine der Frauen gedacht wurde, sei der Spekulation überlassen.
Psalm 103 lautet:
1 Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen.
2 Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er mir (Züricher Bibel: dir) Gutes getan hat.