Älteste Bratwurst, jüngste Bedrohung

Thüringen darf sich vieler Superlative rühmen, von denen sich eine ganze Menge in Erfurt bestaunen lassen. Wohin denn die diesjährige Studienfahrt des Kultur- und Heimatvereins führte. Kostprobe gefällig? Im Landtag erfuhren wir, wie sich die „Brombeer- Koalition“ aus CDU, SPD und BSW gegen die erfolgreiche Umarmungsstrategie der AfD wehrt. Wir besuchten die beiden übriggebliebenen Kunstwerke aus DDR- Zeiten, aber auch die Gefängniszellen der SED, erinnerten an Willy Brandts denkwürdigen Besuch in Erfurt 1970, den Anfang des steinigen Weges zur friedlichen Koexistenz, hörten staunend die Namen mutiger Demokraten, die sich während der gesamten DDR- Zeit – nicht nur 1953 –  gegen Unterdrückung und Heuchelei wehrten, Freiheit und Leben verloren, größtenteils vergessen und heute vielen keine Vorbilder mehr sind. Wir erfuhren, dass das Augustinerkloster nicht nur Luther schützte, sondern auch die Bürgerrechtler im Herbst 1989. Wir suchten nach den Spendenschlitzen in den Kirchenmauern, überzeugten uns von der bildhaften Existenz des Einhorns in vielen Kirchen und machten uns mit 1000 Jahren Mainzer Herrschaft über Erfurt vertraut. Die war oft umstritten. 1525 ließ der Stadtrat die aufständischen Bauern gar in die Stadt, damit sie die Klöster und Residenzen des Erzbischofs plünderten. Diesen Bauernkrieg erschlossen wir uns mit dem Besuch von Tübkes Monumentalgemälde in Bad Frankenhausen.

Eher touristisch: Nachtführung mit Erfurter Anekdoten und Getränken, Bratwurstforschung auf der Krämerbrücke, La Bohème vor der grandiosen Kulisse von Dom und Severikirche. Deutlich unterhaltsamer als der Erfurter Latrinensturz 1184, den der spätere Kaiser Heinrich VI. nur mit  viel Glück überlebte. Kein Omen für die Thüringer Demokratie, wie wir hoffen.